Zu neuen Reisezielen in den biblischen Gebieten

Eine ökumenische Wallfahrt nach Ägypten

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PilgrimageEgypt Don Gianni Toni, Prior des Ordens in der Nähe von Rom, traf bei seiner Pilgerreise nach Ägypten, auf dem Boden der Heiligen Familie mit Tawadros II., dem koptisch-orthodoxen Kirchenoberhaupt zusammen.

Die folgenden Zeilen haben zum Ziel, jeder Dame und jedem Ritter vom Heiligen Grab die Wiedereinführung einer alten Wallfahrt bekannt zu machen, die nun aber auf andere Art praktiziert wird. In unserer Zeit, in der so viel von Einwanderern und Menschen die Rede ist, die ihr Land fliehen, möchte ich über eine Familie sprechen, die wir alle schätzen und die die Bosheit der Mächtigen fliehen musste, um nach einer sicheren Unterkunft zu suchen: die Heilige Familie und ihre Flucht nach Ägypten.

Die Wallfahrt, über die ich spreche, fand vom 15. bis 21. Juni letzten Jahres mit fast fünfzig Teilnehmern, darunter Katholiken und Christen der koptisch-orthodoxen Kirche statt. Die Gruppe wurde von dem katholischen Bischof von Viterba und Prior des Ordens vom Heiligen Grab, Msgr. Fumagalli, von dem koptisch-orthodoxen Bischof für Italien Barnaba El Soryany und von mir, dem Prior der Delegation von Latina, zusammen mit der Vorsitzenden der Unitalsi für Latium, Preziosa Terrinoni geleitet.

Die Erfahrung, die unsere Gruppe machte, war eine Einführung für die, die diese Wallfahrt noch einmal machen wollen und dabei aus jeglicher Gegend der Welt mit dem genau bestimmten Ziel aufbrechen, zu den Wurzeln unseres Glaubens, in das Land Gottes zurückzukehren und von neuem das erhabene Gefühl zu erleben, Söhne desselben Vaters und untereinander Geschwister zu sein. Dieses Konzept betonte Msgr. Giacinto Marcuzzo vom Lateinischen Patriarchat von Jerusalem: „Diese Initiative muss man mehrmals erleben. Denn nur so gelangt man zu der Einheit, nach der sich jedes menschliche Herz, das für die anderen aufmerksam ist, so sehr sehnt.“

In der Gegend von Maadi mit dem Wallfahrtsort der Jungfrau Maria – an diesem Ort gedenkt die lokale Bevölkerung der Stelle, an der die Heilige Familie ihre Reise in einem Boot nach Mittelägypten fortsetzte – war es ergreifend, über 500 Personen, Muslime wie Christen zu sehen, die den Wunsch hatten, gemeinsam Zeugnis zu geben und jene willkommen zu heißen, die diese Erinnerung an eine Geschichte besuchten, die für sie lebendiger ist denn je.

Eine der Messen unserer Wallfahrt wurde im italienischen Krankenhaus gefeiert: Dort haben wir in interkonfessioneller Geschwisterlichkeit für jene gebetet, die ihr Blut wegen ihres Glaubens oder wegen der Gewalt vergossen haben. Hier erlebt man eine ganz besondere Art von Ökumene: die Ökumene des Martyriums, denn das Blut der Christen kennt keinen theologischen Unterschied!

Bei der Wallfahrt auf dem Boden der Heiligen Familie durfte ein Treffen mit dem koptisch-orthodoxen Papst Theodore II. nicht fehlen. Dieser bezeugte seine Freude durch seinen geschwisterlichen Empfang und seine große Sympathie für Papst Franziskus. Am Schluss lud er uns ein, nicht zu vergessen, füreinander zu beten.

Doch diese Erfahrung in Ägypten hat uns vor allem dazu gebracht, uns einer Wirklichkeit zu stellen, die in vielen Gegenden der Welt gegenwärtig ist: Die Askese sowie das Einsiedler- und Mönchtum. In Ägypten ist das Mönchtum in den allerersten Jahrhunderten des Christentums entstanden und hat sich dort durch den heiligen Antonius den Einsiedler und den heiligen Pachomios in der Wüste verwurzelt.

Dank des koptisch-orthodoxen Bischofs Barnaba hatten wir die Gelegenheit, diese Erfahrung in der ägyptischen Wüste in dem koptischen Kloster Wadi el Natrun zu machen (etwa 70 km südlich von Kairo), dessen Klostergemeinschaft 150 Mitglieder zählt. Wir konnten dort ihren geschwisterlichen Empfang erleben und die Heilige Messe feiern, an der sogar etwa fünfzehn Mönche mit dem Bischof des Klosters teilnahmen und die von unserem Bischof Msgr. Fumagalli geleitet wurde. Auf die Frage, wie es zu dieser unerwarteten Geste gekommen sei, gab Msgr. Barnaba folgende wegweisende, tiefgründige Antwort: „Wir sind alle Christen!“

Nach dieser Erfahrung sind wir in unserem Innersten überzeugt, dass über Einheit und Ökumene sprechen in erster Linie bedeutet, über „Begegnungen zu den anderen hin“ zu sprechen. Und der andere ist immer ein Bruder… nach dem Bild Gottes, des Schöpfers.


Pater Gianni Toni
Prior der Delegation des Ordens in Latina und Regionalassistent der Unitalsi für Latium


(Frühling 2019)