Gemeindeleben im Heiligen Land während der Pandemie

Zeugnisse von Priestern im Heiligen Land, die von dem „Humanitären COVID-19-Fonds“ unterstützt wurden.

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Abouna Rami_Bethlehem

Im Oktober letzten Jahres, am Ende seines Auftrags als Apostolischer Administrator, bezeichnete Msgr. Pizzaballa die Bemühungen der Damen und Ritter des Ordens vom Heiligen Grab für das Heilige Land als „das konkrete und greifbare Zeichen der göttlichen Vorsehung“.

Wenige Tage zuvor hatte Erzbischof Pizzaballa in einem Interview im Palazzo della Rovere dem Orden von neuem seinen Dank für die außergewöhnliche Reaktion auf den Apell ausgesprochen, den das Lateinische Patriarchat im Frühjahr 2020, im kritischsten Moment der Pandemie an sie gerichtet hatte. In der Tat hatte dieser Apell eine „Resonanz gefunden, die weit über die Erwartungen hinausging“.

Der Aufruf bezog sich auf die Unterstützung bedürftiger Familien des Lateinischen Patriarchats in Jordanien und Palästina: Die Antwort war ein Erfolg auf dem Gebiet der Solidarität, mit der Beteiligung von Zehntausenden von Ordensmitgliedern auf der ganzen Welt und einer Sammlung in Höhe von etwa 3 Millionen Euro.

Die großzügigen Spenden, die ins Heilige Land geschickt wurden, hat das Lateinische Patriarchat an mehr als dreißig Pfarreien in Palästina und Jordanien verteilt. Sie trugen dazu bei, die sehr ernste Wirtschaftskrise, die die bedürftigsten Familien am härtesten traf, zumindest teilweise zu begrenzen. Insgesamt wurden auf dem Gebiet der Diözese etwa 2.400 Haushalte unterstützt.

Alle Situationen, die uns von den Priestern berichtet wurden, machen eine entmutigende Dynamik deutlich. Zusätzlich zum Gesundheitsnotstand hat die lange Ausgangssperre, die noch verlängert wurde, viele Menschen daran gehindert, zur Arbeit zu gehen. Die Krisensituation wurde durch die Schließung der Grenzen noch weiter verschärft, so dass der gesamte Tourismussektor mit seinen wirtschaftlichen Resultaten vollständig zum Erliegen kam, was besonders touristische Orte wie Bethlehem schwer benachteiligt hat.

Pater Rami Asakrieh, Pfarrer von St. Catherine (einer katholischen Pfarrei im Komplex der Geburtsbasilika), beschreibt eine erschütternde Situation für die Stadt Bethlehem, die vom Pilgertourismus lebt. Als das Coronavirus kam, wurde alles geschlossen: Hotels, Restaurants, Souvenirläden. Dies führte dann zur Schließung der Checkpoints, was dann wiederum alle Pendler im Grenzgebiet zu Israel benachteiligte, die dann keine Arbeit und damit auch keinen Lohn mehr hatten. Die Familien lebten eine Zeit lang von ihren Ersparnissen und dann von den Mitteln der Caritas der Pfarrei, die aber bald erschöpft waren. „Wir erhielten Hunderte von Anrufen von Familien, denen es an Grundnahrungsmitteln fehlte, von Menschen, die ihre Arbeit verloren hatten. In den finstersten Momenten, gerade als wir keine Ressourcen mehr hatten, kam die unverhoffte Unterstützung der Ritter des Ordens vom Heiligen Grab, die uns durch das Lateinische Patriarchat übermittelt wurde.“ Dank dieser Unterstützung konnten die Bedürfnisse der Gemeinde für etwa zwei Monate gedeckt und diejenigen unterstützt werden, die zu Hause waren und nichts mehr hatten: „Mütter ohne Milch für ihre Kinder, alte Menschen, die allein in ihren Häusern waren und denen niemand Medikamente brachte, Familien, die nichts zu essen hatten und die wir mit Lebensmitteln versorgten.“

Der Appel, den das Patriarchat letztes Frühjahr an den Orden richtete und dem der von Kardinal Filoni folgte, machte deutlich, wie wichtig die institutionelle Präsenz der Kirche in diesem Gebiet ist. Diese Präsenz kann „einen bemerkenswerten Beitrag leisten, vor allem in den Bereichen Bildung, Gesundheit und soziale Dienste“. Der erste und wichtigste Dreh- und Angelpunkt ist sicher die Schule, ein Ort der Einbeziehung und des Dialogs, aber auch eine Struktur, die in dieser Zeit den höchsten Preis bezahlt hat. Die gesundheitliche und wirtschaftliche Notlage machte es vielen Familien unmöglich, das Schulgeld zu bezahlen, was sich negativ auf den Geldfluss der Einrichtungen und damit auf die Zahlung der Gehälter des Personals auswirkte.

Um eine Lähmung zu vermeiden und die pädagogische Kontinuität bis zum Ende des Schuljahres zu gewährleisten, legte der Generaldirektor der Schulen des Patriarchats, Pater Jamal Khader, einen Plan zur Aufteilung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten vor, der die allgemeine Verwaltung, die Schulleiter, die Lehrer, die Eltern und die Schüler der Schulen einbezog. Gleichzeitig richtete das Lateinische Patriarchat ein Notfallkomitee ein, um die Folgen der Pandemie zu bewältigen. Die Gehälter wurden zwei Monate lang nicht in voller Höhe ausgezahlt, aber die Arbeitsplätze wurden trotzdem erhalten und die Zahlung der Gehälter garantiert.

All dies war möglich dank der wertvollen Unterstützung der Ritter und Damen des Ordens vom Heiligen Grab, die „wieder einmal bewiesen haben, dass sie nicht nur eine echte Unterstützung für das Patriarchat von Jerusalem sind, sondern auch Freunde, auf die man in schwierigen Zeiten zählen kann“, sagt Pater Jamal, der auch Pfarrer der Kirche der Heiligen Familie in Ramallah ist. Seine Pfarrgemeinde hat sehr unter der Krise gelitten, aber „die Kirche war der Gemeinde nahe“ und hat ihre Grundbedürfnisse im Bereich der Lebensmittel und der Gesundheit erfüllt. „Die Solidarität unter den Gläubigen und die Unterstützung des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem haben uns gezeigt, was es wirklich bedeutet, Kirche zu sein, in Gemeinschaft miteinander zu sein, ein Leib in Christus zu sein.“

Die Situation in Jordanien war nicht viel besser. Dort hat die Pandemie die Bevölkerung, auch die christliche Minderheit hart getroffen. Die Schließung der Kirchen über drei lange Monate hinweg schwächte jedoch den Geist der Solidarität nicht, der sich in der ständigen Sorge ausdrückte, auf die Bedürfnisse der Schwächsten einzugehen.

In Al Zarka, einem sehr armen Dorf 30 km östlich von Amman, betrachtet Schwester Carmela, eine der vier Schwestern der heiligen Dorothea, die Pater Eyad Bader im Gemeindeleben unterstützen, diese Notsituation als Chance: „Wir können das, was wir erleben, als ein Zeichen deuten, das der Herr uns sendet, um uns zu ermöglichen, mehr zu helfen, den Menschen näher zu sein und einander kennen zu lernen.“ In diesen Monaten fehlte es in dieser Gemeinde mit 600 christlichen Familien nie an Hilfe, nicht einmal an moralischer Unterstützung: „Oft waren diejenigen, die an unsere Tür klopften, nur darauf angewiesen, dass man ihnen zuhörte. So haben wir das ‚Apostolat des Ohres‘ gelebt, indem wir ihnen zuhörten!“.

Wie ein „Feldlazarett“ – so berichtet Pfarrer „Abouna“ Eyad – hat die Kirche von Al Zarka dank der Zahlung von etwa 10.000 Euro durch das Patriarchat, das heißt durch den Orden auf alle Arten von Nöten reagiert und mit dieser Summe Lebensmittel und Medikamente besorgt oder Rechnungen bezahlt. Etwa 40.000 Euro wurden für die Begleichung der Schulgebühren aufgewendet, was die Unterstützung von Familien und Lehrern ermöglicht hat.

Die wertvolle Unterstützung der Ritter erreichte auch die Gemeinde Christkönig in Amman, in der bereits vor der Krise regelmäßig sechzig Familien finanziell unterstützt wurden. Mit der durch die COVID- 19 verursachten Krise verschlimmerte sich die Situation, und nur mit der Hilfe des Ordens gelang es der Pfarrei also, unbeschadet daraus hervorzugehen. Zunächst wurden 6.640 jordanische Dollar in Raten an 110 Familien ausgezahlt. Der Pfarrer, Pater Marwan Hassan richtete einen originellen Mechanismus ein, um dafür zu sorgen, dass die erhaltenen Mittel einen positiven Kreislauf in diesem Gebiet speisen: Nach Absprache mit den Besitzern der Geschäfte, die in größten Schwierigkeiten steckten, wandelte er das Geld in Gutscheine um, die in eben diesen Geschäften eingelöst werden konnten. „Mit diesen Gutscheinen konnten wir auch arme Unternehmer unterstützen und gleichzeitig denen beistehen, die am dringendsten darauf angewiesen waren“, sagte Pater Marwan, bevor er fortfuhr: „Mit dieser Lösung konnten wir den Familien helfen, in Würde zu leben, und ihnen erlauben, frei zu wählen, was sie kaufen wollten, anstatt sie zu zwingen zu akzeptieren, was eben zur Verfügung steht“, wobei er sich auf die Praxis der Verteilung von Lebensmittelpaketen bezog. Zwei Monate später trafen weitere 2.240 jordanische Dollar ein, die auf die gleiche Weise einen Monat lang an 59 Familien verteilt wurden. „Sie können sich nicht vorstellen, wie sehr und in welchem Umfang diese Spenden der Ritter diesen armen Familien geholfen haben“, schloss er.

Pater Firas Aridah, Pfarrer in Aboud (Jordanien), spricht ebenso über die Würde mit uns. In dieser Region ist die Arbeitslosenquote während der Krise im Zusammenhang mit der Pandemie exponentiell gestiegen. In den ersten Monaten konnte seine Gemeinde dem standhalten, aber mit der Zeit verschlechterte sich die Situation. „Dank der Unterstützung des Patriarchats ist es uns gelungen, für alle eine Unterstützung sicherzustellen, und zwar jeden Tag und bei immer zahlreicheren Bedürfnissen.“ Unter den vielfältigen Bedürfnissen nennt er die Gesundheitsausgaben, die für die Familie eines Kindes übernommen wurden, das an einem Osteosarkom erkrankt ist: „Dank dieser Spende konnte vermieden werden, dass ihm die Beine amputiert werden“, erzählt er uns.

Arbeitslos sein bedeutet nicht nur, dass man seine Einkommensquelle verliert, sondern auch, dass man unter Untätigkeit leidet. Deshalb hat sich die Pfarrei nicht damit begnügt, Grundnahrungsmittel zu verteilen, sondern hat auch im Rahmen des Möglichen neue Gelegenheiten zur Arbeit eröffnet: „Wir haben zwei Personen angeboten, den Schwestern zweimal pro Monat beim Reinigen der Kirche zu helfen. So geben wir ihnen die Möglichkeit, wieder zu arbeiten und neue Aufgaben zu übernehmen und ihre Würde wiederzuerlangen.“

 

Filippo di Grazia

 

(Frühling 2021)