Aus dem Grab, das den Tod aufnahm, erblühte das Leben

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Seminatore Wie wir im Gleichnis vom Sämann (Mk 4,1-20) lesen, ist das Korn, das in „unsere“ Erde, in unser Leben gesät wird, dazu bestimmt, Frucht zu bringen

In diesem Monat Mai hält der Großmeister seinen feierlichen Einzug in die Grabeskirche. Hier erklärt er uns den tiefen Sinn dieser Wallfahrt.

 

Ich erhebe meine Augen zu dir,
Der Du thronst im Himmel.
[...] unsere Augen sind erhoben zum Herrn, unserem Gott,
bis er uns gnädig ist.
(Ps 123,1-2)

 

Mit dem Gesang dieses und anderer Psalmen (bekannt als die Stufenlieder oder Wallfahrtspsalmen, Ps 119-133) näherten sich die Pilger Jerusalem und richteten dabei ihren Blick auf die Heilige Stadt. Es handelte sich um einen echten Aufstieg: Die Gläubigen riefen sich einmal mehr in Erinnerung, dass alles von ihrem Herrn kommt, der im Himmel wohnt.

Wenn wir das heutige Jerusalem betrachten, wissen auch wir, dass wir die ganze Frucht dieses „Samens“ ernten, der im Grab gesät wurde: Das Mitleid Christi, das begraben wurde, hat uns alle zu einem neuen Leben geboren. Jesus hatte es vorausgesagt: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht“ (Joh 12,24). Es waren fast rätselhafte Worte, die vom Licht der Auferstehung aus dem Grab erhellt wurden, und so erblühte aus dem Tod das Leben.

Und genau von diesem Ort des Lebens aus sind wir berufen, neu anzufangen. Wie wir im Gleichnis vom Sämann (Mk 4,1-20) lesen, ist das Korn, das in „unsere“ Erde, in unser Leben gesät wird, dazu bestimmt, Frucht zu bringen, und dies geschieht auf besondere Weise, wenn wir die Erfahrung der Wallfahrt zu Christus machen. Denn die Wallfahrt erneuert uns, sie macht unsere Herzen und unser Leben empfänglicher, damit wir annehmen können, was der Vater von uns will, und sie macht uns bereit, die Herausforderungen anzunehmen, denen wir begegnen, wobei wir von der einmaligen Erfahrung des Sohnes Gottes erleuchtet werden, der als Erster diesen Weg gegangen ist.

Als Ritter und Damen des Ordens vom Heiligen Grab gliedern wir uns in diese tausendjährige Tradition der Kirche ein, die uns einlädt, den Fußstapfen Jesu an den Orten seines irdischen Daseins zu folgen und dies an der Seite der christlichen Gemeinden zu tun, die dort noch leben und denen wir unsere geschwisterliche Fürsorge bezeugen in dem Bewusstsein, dass sie gemeinsam den Leib Christi bilden.

Mit diesen Gedanken gehe ich dem offiziellen Einzug in die Grabeskirche als Großmeister unseres Ordens entgegen, da ich nach zwei Jahren Pandemie endlich die Gelegenheit habe, meine Wallfahrt zu unternehmen. Ich wünsche mir, dass alle, die die Freude haben, ebenfalls diese Erfahrung im Heiligen Land zu machen, die Erfüllung des Gleichnisses vom sterbenden Weizenkorn spüren, sich für das Wirken Gottes zur Verfügung stellen und so in unseren Gemeinschaften Frucht bringen.

 

Fernando Cardinale Filoni
Großmeister

 

(Mai 2022)